In der ersten Jahreshälfte bescherten unter anderem Aktien den Anlegern massive Verluste. Befeuert von internationalen Krisenherden, wie u.a. globalen Lieferengpässen und dem Krieg in der Ukraine, sorgten Marktturbulenzen in 2022 für starke Preisrückgänge. Der internationale Aktienindex MSCI ACWI (TR, USD) ist seit Jahresbeginn um -18,33% gefallen, der amerikanische Aktienindex S&P 500 (TR, USD) um -17,52% und der europäische Aktienindex EUROSTOXX 50 (TR, EUR) um -16,60% (Stand: 11.07.2022). Dieses volatile Umfeld dürfte sich angesichts anhaltend hoher Inflation, steigender Zinsen und des Krieges in der Ukraine fortsetzen und auch an den Private Markets nicht spurlos vorübergehen.

Entwicklungen an den Private Markets

Private Equity

Während 2021 herausragend für Private Equity Investoren war, entwickeln sich die Bewertungsmultiples und die Anzahl der Deals aktuell rückläufig. Auch die Zahl der Exits (Veräußerungen) von Buyout-Fonds sind deutlich zurückgegangen, insbesondere Börsengänge (IPOs) stehen nahezu still.

In den kommenden Monaten werden sowohl die Marktkorrektur als auch steigende Fremdkapitalkosten aller Voraussicht nach günstigere Unternehmensbewertungen bewirken. Darüber hinaus ist mit längeren Haltedauern der Portfoliounternehmen zu rechnen, die vor allem die IRR (die durchschnittliche mittlere Jahresrendite der Kapitalanlage) der Anleger beeinflusst. Investoren müssen sich demnach in Geduld üben, ehe sie Ausschüttungen aus den Fonds erhalten.

Venture Capital

Ein Blick auf den Venture Capital Markt zeigt, dass auch hier die Exits in diesem Jahr deutlich zurückgegangen sind und Venture-Capital-Fonds zurückhaltender agieren als vorher. Insbesondere in den Finanzierungsphasen Late Stage/Growth besteht eine gegensätzliche Erwartungshaltung, die sogenannte Expectation GAP, zwischen Gründern und Investoren.

Das liegt nicht zuletzt daran, dass Gründer durch die derzeit niedrigeren Unternehmensbewertungen nur ungern in eine neue Finanzierungsrunde gehen. Dem gegenüber steht die Erwartungshaltung der Investoren, die hinsichtlich des veränderten Marktumfeldes nicht bereit sind, dieselben hohen Preise zu zahlen wie im vergangenen Jahr.

Private Equity in Krisenzeiten robuster als der Aktienmarkt

Was sich im ersten Moment wie eine düstere Prognose liest, birgt für Anleger möglicherweise die attraktivsten Einstiegsmöglichkeiten seit Jahren.

Private Equity vs. Aktien

Zunächst einmal spricht der direkte Vergleich zwischen Private Equity und Aktien für sich. Die Zahlen unterstreichen, dass Private Equity nicht nur höhere Renditen bringt, sondern auch krisenrobuster als der Aktienmarkt performt.

So lag in den 20 Jahren seit 2000 die Rendite (IRR) bei Private Equity Fonds (Buyout) bei 12,8% p.a., während US-Aktien bei 8,2% p.a. und Aktien weltweit bei 7,1% p.a. lagen. Während der vier größten Kursrückgänge war zudem das Verlustrisiko von Private Equity zwischen 11 bis 15 Prozentpunkten niedriger als beim Aktienmarkt (vgl. S&P 500 TR, MSCI World TR).

Hohe Renditen bei Fonds aus Krisenzeiten

Betrachtet man darüber hinaus Private Equity Fonds, die während einer Krisenperiode aufgelegt wurden, zeigt sich ein überdurchschnittliches Performancepotenzial (Abbildung s.u.).

**Die IRR stellt die Performance vom Auflagejahr bis maximal Q3 2021 dar. Auflagejahre werden auch als sog. Vintages bezeichnet. Anmerkung: IRR-Zahlen für Auflagejahre bis 2013, da diese erst dann als final gelten, wenn sich die Fondslaufzeit von ca. 10-12 Jahren dem Ende zuneigt.

Die während der Finanzkrise 2008/09 aufgelegten Fonds und Folgejahre verzeichnen einen starken Renditeanstieg. Neue Kapitalzusagen der Investoren fielen im Vergleich zum Vorkrisenzeitraum jedoch deutlich ab. Wie die Grafik zeigt, verzeichnete der Private Equity Markt einen jährlichen Zuwachs der Kapitalzusagen seit 2010.

Zuletzt sanken aufgrund der Covid-Pandemie die Kapitalzusagen, stiegen jedoch im Folgejahr wieder an. Dieses Szenario könnte sich im aktuellen Umfeld wiederholen. Im Jahr 2022 lässt sich bis dato ebenfalls ein Rückgang erkennen und bis zum Jahresende ist damit zu rechnen, dass voraussichtlich weniger Kapital eingesammelt wird als im Vorjahr.

Für Private Equity Investoren bedeuten Abschwungphasen somit eher eine interessante Chance, in denen sie ihr Kapital zu attraktiven Bewertungsniveaus einsetzen können.

Private Equity Manager als Erfolgsfaktor

Die Chancen für gute Performance liegen zum einen im Einkauf, da Fondsmanager temporäre Marktverwerfungen für sich nutzen können, um Unternehmen günstiger einzukaufen und dadurch langfristig höhere Renditen einzufahren. Im Private Equity sind die Performanceunterschiede zwischen den besten und schlechtesten Managern allerdings besonders hoch. Daher ist insbesondere in Krisenzeiten der Zugang zu Top-Managern entscheidend für den Anlageerfolg.

Zudem sind Private Equity Manager im Vergleich zu früheren Krisen (wie bspw. der globalen Finanzkrise von 2008) heute deutlich besser aufgestellt und verfügen über dediziertes Know-how, vermehrt mit geographischem und sektoralem Fokus. Diese tiefgehende Expertise bietet einen echten Mehrwert für die Portfoliounternehmen. Während früher der Einsatz von Fremdkapital (Leverage) wesentlicher Bestandteil der Renditegenerierung war, gewinnt die operative Wertschöpfung heutzutage immer mehr an Relevanz. Dieser Ansatz ist nicht nur nachhaltiger für die Portfoliounternehmen, sondern gleichzeitig krisenrobuster.

Fazit

In volatilen Marktphasen lassen sich viele Privatanleger von ihren Emotionen leiten und agieren zurückhaltend. Insbesondere der längere Investitionszyklus scheint aus Anlegersicht ein Nachteil von Private Equity zu sein. Doch genau das Gegenteil ist hier der Fall: gerade in Zeiten hoher Inflation kann die längere Kapitalbindung den Anlegern zugutekommen.

Mit Blick auf die künftige Entwicklung ist außerdem zu erwarten, dass Portfolios mit diversifizierten Private Equity Allokationen höhere Renditen abwerfen als traditionelle Portfolios, die diese Alternative Anlageklasse nicht berücksichtigen. Aus strategischer Sicht sollten Anleger daher gerade jetzt antizyklisch investieren und ihr Portfolio fortlaufend aufbauen. Ein gutes Portfolio zeichnet sich dabei einerseits durch die Selektion von Top-Managern aus, andererseits durch eine Diversifikation über Regionen, Strategien, Finanzierungsstufen und Auflagejahren (Vintages).