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Joachim Schoss ist eigentlich auf dem Sprung ans andere Ende der Welt. Wie jedes Jahr, wenn es in der Schweiz so richtig kalt wird, zieht es den Seriengründer nach Neuseeland, wo er und seine Familie einen zweiten Wohnsitz haben, um den Winter zu überbrücken. Tagsüber gehen die Kinder in die Schule, danach gibt es Zeit mit der Familie und zwischen 19 Uhr und 1 Uhr nachts arbeiten Schoss und seine Frau. Für das Gespräch nimmt der Ex-Manager und Seriengründer sich viel Zeit – und holt am Ende sogar zwei Überraschungsgäste dazu.
Ich habe mir ein ganz spezielles Fahrrad für meine Zeit in Neuseeland gekauft, eine Spezialanfertigung mit drei Rädern. Normalerweise steuert man ein Fahrrad ja über den Lenker, was bei mir nicht geht, weil mir der rechte Arm und das rechte Bein fehlen. Ich habe also alles auf die linke Seite bauen lassen.
(lacht) Das ist nur ein Hobby. Glücklicherweise darf ich Autofahren. Ich habe dafür einen Drehknopf auf dem Lenkrad, so ähnlich wie bei einem Traktor, damit ich einhändig besser kurbeln kann. Ich könnte auch ohne fahren, aber das erlauben mir die Behörden nicht. Ich habe auch links von der Bremse keine Kupplung, sondern ein zweites Gaspedal. Wegen dieser Besonderheit haben ein Hotelpage, die Haushälterin und ein Freund meine Autos schon gegen diverse Wände gesetzt, aber die Behörden bestehen weiterhin darauf.
In keinster Weise, ich bin in einer mittelständischen Familie mit Doppelhaushälfte im Süden von Essen aufgewachsen. Meine Eltern sind in Teilen von Deutschland geboren, die nach 1945 nicht mehr zur Bundesrepublik gehörten. Geld war ein Thema, weil es immer knapp war. Meine Mutter hat Buch geführt über jeden Pfennig. Mein Vater war im öffentlichen Dienst und wir zu Hause zu fünft, da wurde jede Mark zweimal umgedreht.
Mit 14 oder 15 Jahren war ich als Nachhilfelehrer unterwegs, danach habe ich bei Karstadt Lager aufgefüllt und mit 17 war ich DJ. Funky Town war meine Erkennungsmusik, damals sehr cool, aber heute muss ich ein bisschen darüber lachen.
Ich habe BWL studiert, dann war ich Berater mit 22 Jahren und habe schon in meinem ersten Job mehr verdient als ich mir jemals erträumt hatte. Irgendwann sagte dann einmal jemand zu mir: Ein Berater kennt 600 Positionen, hat aber keine Freundin. Das war der letzte Anstoß für mich, mit 27 Jahren Unternehmer zu werden. Als wir diese Firma verkauft haben, hat uns einer der Interessenten in die USA eingeladen, das war 1997 und er zeigte uns das Konzept von Internetmarktplätzen. „The winner takes it all“ war das Motto und wir waren sofort fasziniert und begeistert. Noch auf dem Rückflug haben wir auf 20 Seiten die Grundzüge von Scout24 entwickelt.
Wahrscheinlich gar nicht mal viel. Vielleicht waren wir mal in schicken Restaurants, aber für Partys oder Pferderennen war keine Zeit. Damals gab es immerhin 200 Marktplätze, die Konkurrenz war groß und wir wussten, nur wenige würden überleben. Ich habe mehr oder weniger 168 Stunden pro Woche gearbeitet. Wenn jemand um 2 Uhr morgens anrief, hat er sich nicht entschuldigt, sondern das war ganz normal, genauso wie das viele Reisen. Der Schlaf wurde einfach nur so reingedrückt und die Familie war da, aber hat darunter gelitten, weil sie in der Zeit nicht die höchste Priorität hatte.
Dabei wollte ich gar nicht verkaufen. Diese Entscheidung haben andere kurz nach meinem Unfall gefällt, während ich im Krankenhaus in Südafrika lag und versucht habe, mich irgendwie wieder ins Leben zurück zu kämpfen.
Das war eigentlich eine verrückte Situation. Es war ein schöner Sommertag in Südafrika, strahlend blauer Himmel, eine schnurgerade, breite Landstraße. Ein Freund und ich waren mit Motorrädern unterwegs. Auf der Gegenspur kam uns ein Bus entgegen und dahinter war ein Auto, das überholen wollte, meinen Freund sah, wieder einscherte und dann überholte, weil der betrunkene Fahrer mich offenbar nicht gesehen hatte. Er hat mich zum Glück „nur“ am rechten Bein getroffen, danach bin ich mit Kopf und Schulter auf das Autodach geschlagen, was leider auch noch den Arm gekostet hat. Ich hatte sehr viel Glück im Unglück.
Ich hatte einen coolen, mattschwarzen Halbhelm von Harley-Davidson, den ich bei diesen Touren eigentlich immer trug. Doch vor dem Abflug habe ich den nicht mehr gefunden und stattdessen den sehr stabilen Vollhelm mitgenommen. Mein Freund witzelte noch, dass wir dann gar nicht im Partnerlook wären. Der Helm aber hat mir im Nachhinein das Leben gerettet. Ein exzellentes Krankenhaus war zufälligerweise in der Nähe. Ich habe sehr viel Blut verloren und 160 Packungen Blut gebraucht, in einem Land mit hoher HIV-Rate. Aber an all das erinnere ich mich gar nicht.
Zwei Tage später als meine Frau in Südafrika war und an meinem Bett stand. Dann wurde mir auch erst langsam mein neuer Körper bewusst. Rechter Arm und Bein waren weg und zwei Drittel der Nieren, meine rechte Lunge waren kollabiert, zwölfmal wurde ich unter Vollnarkose operiert. Das war am Rande dessen, was ein Mensch verkraften kann.
Ich hatte ein Nahtoderlebnis. Das war die wertvollste Erfahrung in meinem Leben. Natürlich waren bei mir die Umstände katastrophal und der Preis unglaublich hoch, aber ich wünsche jedem Menschen die Erfahrung eines Nahtoderlebnisses – dann würden wir eine bessere Welt haben. Ich habe das berühmte Licht am Ende des Tunnels gesehen, das war sehr anziehend. Mein Leben lief an mir vorbei. Plötzlich war es egal, wie viel Geld man gemacht hatte, was für ein erfolgreicher Unternehmer man war. Es ging nur darum, wie man war, was für ein Partner, was für ein Vater, was für ein Bruder. Ich habe mir geschworen: Wenn ich das überlebe, stelle ich die Familie in den Vordergrund.
Es geht in erster Instanz darum, sich zu entwickeln, Erfahrungen zu machen und mit sich im Reinen zu sein. Dann haben wir die Verantwortung, unseren Nächsten zu helfen und wenn noch Ressourcen übrig sind, ist es umso schöner, wenn man die einsetzt, damit es dem Rest der Welt auch ein bisschen besser geht.
Damals habe ich die Stiftung MyHandicap gegründet, um Informationen für behinderte Menschen im Internet bereitzustellen. Mittlerweile sind wir die wichtigste deutsche Seite für das Thema und expandieren gerade.
Ich saß da 2003, mit einer Beinprothese und einem fehlenden Arm und einer Firma, die gerade verkauft wurde. Ich wusste, ich habe genug Geld, um nie wieder arbeiten zu müssen, die Fähigkeit, Internetportale aufzubauen und die „Kompetenz“ eines Schwerbehinderten. Ich war monatelang in Krankenhäusern, habe Leid und Elend gesehen, auf psychischer und physischer Ebene, Menschen, die sterben wollten, weil sie nicht wussten, wie sie mit der Behinderung umgehen sollten. Diesen Menschen möchte ich Mut machen und ihnen alle nötigen Informationen für das bestmögliche Leben mit Behinderung bereitstellen, deshalb habe ich die Stiftung ins Leben gerufen.
Wir müssen aufpassen, dass die Demokratie nicht zum Kodak-Fall wird, weil die Politik die Digitalisierung verschläft. Wenn ich mir die Nachrichten von der Stürmung des Kapitols in den USA ansehe, dann wird mir mulmig. Dagegen wollen wir etwas tun, indem wir die Demokratie friedlich disruptieren, Hand in Hand mit Regierungen und der Politik. Dazu gehört beispielsweise, digitale Prozesse einzuführen, Demokratie greifbarer und partizipativer zu machen. Eine zeitgemäße Demokratie für das 21. Jahrhundert zu schaffen, das ist unser Ziel.
Ich habe vorher auch schon viel gespendet. Aber wahrscheinlich hätte ich es so gemacht wie die meisten Menschen in meinem Umfeld und nur darauf geschaut, was mit meinem Geld passiert, wenn ich nicht mehr bin und hätte mich zu Lebzeiten nicht gekümmert.
Ständig, bei Freunden, bei Bekannten, bei vielen Menschen mit viel Geld. Das Geben ist im Kopf verankert, das gehört teils auch zum guten Ton. Aber oft geht es nur darum, das Vermögen zu mehren. Ich finde es nicht sinnvoll, am Ende meiner Tage auf einem riesigen Sack Geld zu sitzen. Mehr Geld macht nur bis zu einem gewissen Punkt glücklicher, alles darüber hinaus ist nicht mehr unbedingt Glück steigernd. Ganz viele Vermögende sind sich auch einig, dass es nicht sinnvoll ist, den Kindern zu viel Geld zu geben und doch machen es viele.
Ich hatte schon vor dem Unfall verfügt, dass meine Kinder niemals so viel erben sollten, dass sie sich einfach darauf ausruhen können. Mittlerweile habe ich ein Konzept, dass sie stückchenweise an Geld heranführt und ihnen mit 30 Jahren abschließend eine Million Euro zur Verfügung stellt, so dass sie motiviert bleiben, selbst ein gelungenes Leben aufzubauen. Mehr Geld für meine Stiftungen bewirkt wahrscheinlich deutlich mehr Gutes als mehr Geld für meine Kinder. Zu dieser Erkenntnis würde ich gerne noch viel mehr Menschen bewegen.
Wir müssen mehr darüber reden und eine neue Philosophie nach Europa bringen. Aktuell gibt es Listen, wer der reichste Mensch im Lande ist. Es bräuchte viel mehr eine Liste, wer am meisten zur Gesellschaft beiträgt. Es ist doch egal, wer die längste Yacht oder das größte Privatflugzeug hat. Die Maori in Neuseeland bewerten Menschen nicht danach, was sie besitzen, sondern danach, was sie beitragen. Darum sollte es auch bei uns stärker gehen. Dann hätten wir eine bessere Welt.
Das mache ich voraussichtlich nie wieder. Die Familie ist mir heute viel wichtiger und ich schaue, dass sie die oberste Priorität hat. Ich arbeite nur noch drei oder vier Stunden am Tag.
(Steht auf und kommt mit zwei seiner kleinen Kinder wieder) Na, was haltet ihr davon, wenn Papa zu Hause ist?
Kind 1: Super!
Kind 2: Umarmen!
Kind 1: Mit dem Papa kann man super Uno spielen, da gewinne ich auch mal.
Schoss: Ich glaube, die Antwort ist eindeutig.
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Joachim Schoss hat Scout24 aufgebaut. Dann hat er bei einem Unfall einen Arm, ein Bein und fast sein Leben verloren. Heute engagiert er sich über zwei Stiftungen unter anderem für behinderte Menschen. Ein Gespräch über das Unternehmertum, Nahtoderlebnisse und Philanthropie.
Joachim Schoss ist eigentlich auf dem Sprung ans andere Ende der Welt. Wie jedes Jahr, wenn es in der Schweiz so richtig kalt wird, zieht es den Seriengründer nach Neuseeland, wo er und seine Familie einen zweiten Wohnsitz haben, um den Winter zu überbrücken. Tagsüber gehen die Kinder in die Schule, danach gibt es Zeit mit der Familie und zwischen 19 Uhr und 1 Uhr nachts arbeiten Schoss und seine Frau. Für das Gespräch nimmt der Ex-Manager und Seriengründer sich viel Zeit – und holt am Ende sogar zwei Überraschungsgäste dazu.
Ich habe mir ein ganz spezielles Fahrrad für meine Zeit in Neuseeland gekauft, eine Spezialanfertigung mit drei Rädern. Normalerweise steuert man ein Fahrrad ja über den Lenker, was bei mir nicht geht, weil mir der rechte Arm und das rechte Bein fehlen. Ich habe also alles auf die linke Seite bauen lassen.
(lacht) Das ist nur ein Hobby. Glücklicherweise darf ich Autofahren. Ich habe dafür einen Drehknopf auf dem Lenkrad, so ähnlich wie bei einem Traktor, damit ich einhändig besser kurbeln kann. Ich könnte auch ohne fahren, aber das erlauben mir die Behörden nicht. Ich habe auch links von der Bremse keine Kupplung, sondern ein zweites Gaspedal. Wegen dieser Besonderheit haben ein Hotelpage, die Haushälterin und ein Freund meine Autos schon gegen diverse Wände gesetzt, aber die Behörden bestehen weiterhin darauf.
In keinster Weise, ich bin in einer mittelständischen Familie mit Doppelhaushälfte im Süden von Essen aufgewachsen. Meine Eltern sind in Teilen von Deutschland geboren, die nach 1945 nicht mehr zur Bundesrepublik gehörten. Geld war ein Thema, weil es immer knapp war. Meine Mutter hat Buch geführt über jeden Pfennig. Mein Vater war im öffentlichen Dienst und wir zu Hause zu fünft, da wurde jede Mark zweimal umgedreht.
Mit 14 oder 15 Jahren war ich als Nachhilfelehrer unterwegs, danach habe ich bei Karstadt Lager aufgefüllt und mit 17 war ich DJ. Funky Town war meine Erkennungsmusik, damals sehr cool, aber heute muss ich ein bisschen darüber lachen.
Ich habe BWL studiert, dann war ich Berater mit 22 Jahren und habe schon in meinem ersten Job mehr verdient als ich mir jemals erträumt hatte. Irgendwann sagte dann einmal jemand zu mir: Ein Berater kennt 600 Positionen, hat aber keine Freundin. Das war der letzte Anstoß für mich, mit 27 Jahren Unternehmer zu werden. Als wir diese Firma verkauft haben, hat uns einer der Interessenten in die USA eingeladen, das war 1997 und er zeigte uns das Konzept von Internetmarktplätzen. „The winner takes it all“ war das Motto und wir waren sofort fasziniert und begeistert. Noch auf dem Rückflug haben wir auf 20 Seiten die Grundzüge von Scout24 entwickelt.
Wahrscheinlich gar nicht mal viel. Vielleicht waren wir mal in schicken Restaurants, aber für Partys oder Pferderennen war keine Zeit. Damals gab es immerhin 200 Marktplätze, die Konkurrenz war groß und wir wussten, nur wenige würden überleben. Ich habe mehr oder weniger 168 Stunden pro Woche gearbeitet. Wenn jemand um 2 Uhr morgens anrief, hat er sich nicht entschuldigt, sondern das war ganz normal, genauso wie das viele Reisen. Der Schlaf wurde einfach nur so reingedrückt und die Familie war da, aber hat darunter gelitten, weil sie in der Zeit nicht die höchste Priorität hatte.
Dabei wollte ich gar nicht verkaufen. Diese Entscheidung haben andere kurz nach meinem Unfall gefällt, während ich im Krankenhaus in Südafrika lag und versucht habe, mich irgendwie wieder ins Leben zurück zu kämpfen.
Das war eigentlich eine verrückte Situation. Es war ein schöner Sommertag in Südafrika, strahlend blauer Himmel, eine schnurgerade, breite Landstraße. Ein Freund und ich waren mit Motorrädern unterwegs. Auf der Gegenspur kam uns ein Bus entgegen und dahinter war ein Auto, das überholen wollte, meinen Freund sah, wieder einscherte und dann überholte, weil der betrunkene Fahrer mich offenbar nicht gesehen hatte. Er hat mich zum Glück „nur“ am rechten Bein getroffen, danach bin ich mit Kopf und Schulter auf das Autodach geschlagen, was leider auch noch den Arm gekostet hat. Ich hatte sehr viel Glück im Unglück.
Ich hatte einen coolen, mattschwarzen Halbhelm von Harley-Davidson, den ich bei diesen Touren eigentlich immer trug. Doch vor dem Abflug habe ich den nicht mehr gefunden und stattdessen den sehr stabilen Vollhelm mitgenommen. Mein Freund witzelte noch, dass wir dann gar nicht im Partnerlook wären. Der Helm aber hat mir im Nachhinein das Leben gerettet. Ein exzellentes Krankenhaus war zufälligerweise in der Nähe. Ich habe sehr viel Blut verloren und 160 Packungen Blut gebraucht, in einem Land mit hoher HIV-Rate. Aber an all das erinnere ich mich gar nicht.
Zwei Tage später als meine Frau in Südafrika war und an meinem Bett stand. Dann wurde mir auch erst langsam mein neuer Körper bewusst. Rechter Arm und Bein waren weg und zwei Drittel der Nieren, meine rechte Lunge waren kollabiert, zwölfmal wurde ich unter Vollnarkose operiert. Das war am Rande dessen, was ein Mensch verkraften kann.
Ich hatte ein Nahtoderlebnis. Das war die wertvollste Erfahrung in meinem Leben. Natürlich waren bei mir die Umstände katastrophal und der Preis unglaublich hoch, aber ich wünsche jedem Menschen die Erfahrung eines Nahtoderlebnisses – dann würden wir eine bessere Welt haben. Ich habe das berühmte Licht am Ende des Tunnels gesehen, das war sehr anziehend. Mein Leben lief an mir vorbei. Plötzlich war es egal, wie viel Geld man gemacht hatte, was für ein erfolgreicher Unternehmer man war. Es ging nur darum, wie man war, was für ein Partner, was für ein Vater, was für ein Bruder. Ich habe mir geschworen: Wenn ich das überlebe, stelle ich die Familie in den Vordergrund.
Es geht in erster Instanz darum, sich zu entwickeln, Erfahrungen zu machen und mit sich im Reinen zu sein. Dann haben wir die Verantwortung, unseren Nächsten zu helfen und wenn noch Ressourcen übrig sind, ist es umso schöner, wenn man die einsetzt, damit es dem Rest der Welt auch ein bisschen besser geht.
Damals habe ich die Stiftung MyHandicap gegründet, um Informationen für behinderte Menschen im Internet bereitzustellen. Mittlerweile sind wir die wichtigste deutsche Seite für das Thema und expandieren gerade.
Ich saß da 2003, mit einer Beinprothese und einem fehlenden Arm und einer Firma, die gerade verkauft wurde. Ich wusste, ich habe genug Geld, um nie wieder arbeiten zu müssen, die Fähigkeit, Internetportale aufzubauen und die „Kompetenz“ eines Schwerbehinderten. Ich war monatelang in Krankenhäusern, habe Leid und Elend gesehen, auf psychischer und physischer Ebene, Menschen, die sterben wollten, weil sie nicht wussten, wie sie mit der Behinderung umgehen sollten. Diesen Menschen möchte ich Mut machen und ihnen alle nötigen Informationen für das bestmögliche Leben mit Behinderung bereitstellen, deshalb habe ich die Stiftung ins Leben gerufen.
Wir müssen aufpassen, dass die Demokratie nicht zum Kodak-Fall wird, weil die Politik die Digitalisierung verschläft. Wenn ich mir die Nachrichten von der Stürmung des Kapitols in den USA ansehe, dann wird mir mulmig. Dagegen wollen wir etwas tun, indem wir die Demokratie friedlich disruptieren, Hand in Hand mit Regierungen und der Politik. Dazu gehört beispielsweise, digitale Prozesse einzuführen, Demokratie greifbarer und partizipativer zu machen. Eine zeitgemäße Demokratie für das 21. Jahrhundert zu schaffen, das ist unser Ziel.
Ich habe vorher auch schon viel gespendet. Aber wahrscheinlich hätte ich es so gemacht wie die meisten Menschen in meinem Umfeld und nur darauf geschaut, was mit meinem Geld passiert, wenn ich nicht mehr bin und hätte mich zu Lebzeiten nicht gekümmert.
Ständig, bei Freunden, bei Bekannten, bei vielen Menschen mit viel Geld. Das Geben ist im Kopf verankert, das gehört teils auch zum guten Ton. Aber oft geht es nur darum, das Vermögen zu mehren. Ich finde es nicht sinnvoll, am Ende meiner Tage auf einem riesigen Sack Geld zu sitzen. Mehr Geld macht nur bis zu einem gewissen Punkt glücklicher, alles darüber hinaus ist nicht mehr unbedingt Glück steigernd. Ganz viele Vermögende sind sich auch einig, dass es nicht sinnvoll ist, den Kindern zu viel Geld zu geben und doch machen es viele.
Ich hatte schon vor dem Unfall verfügt, dass meine Kinder niemals so viel erben sollten, dass sie sich einfach darauf ausruhen können. Mittlerweile habe ich ein Konzept, dass sie stückchenweise an Geld heranführt und ihnen mit 30 Jahren abschließend eine Million Euro zur Verfügung stellt, so dass sie motiviert bleiben, selbst ein gelungenes Leben aufzubauen. Mehr Geld für meine Stiftungen bewirkt wahrscheinlich deutlich mehr Gutes als mehr Geld für meine Kinder. Zu dieser Erkenntnis würde ich gerne noch viel mehr Menschen bewegen.
Wir müssen mehr darüber reden und eine neue Philosophie nach Europa bringen. Aktuell gibt es Listen, wer der reichste Mensch im Lande ist. Es bräuchte viel mehr eine Liste, wer am meisten zur Gesellschaft beiträgt. Es ist doch egal, wer die längste Yacht oder das größte Privatflugzeug hat. Die Maori in Neuseeland bewerten Menschen nicht danach, was sie besitzen, sondern danach, was sie beitragen. Darum sollte es auch bei uns stärker gehen. Dann hätten wir eine bessere Welt.
Das mache ich voraussichtlich nie wieder. Die Familie ist mir heute viel wichtiger und ich schaue, dass sie die oberste Priorität hat. Ich arbeite nur noch drei oder vier Stunden am Tag.
(Steht auf und kommt mit zwei seiner kleinen Kinder wieder) Na, was haltet ihr davon, wenn Papa zu Hause ist?
Kind 1: Super!
Kind 2: Umarmen!
Kind 1: Mit dem Papa kann man super Uno spielen, da gewinne ich auch mal.
Schoss: Ich glaube, die Antwort ist eindeutig.
Über den Autor
Nils Wischmeyer
Nils Wischmeyer schreibt über Finanzmärkte, Geldanlage, Banken, Bankenregulierung und Wirtschaftskriminalität.