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„Das schlechte Ansehen werden wir wohl nicht mehr los“

22.3.2021

Thorsten Wirth sitzt im Auto auf dem Weg von Nürnberg nach München. Ein Treffen mit seinem Klienten Serge Gnabry steht an. Der gehöre zu den Fußballern, die einige Dinge lieber persönlich als am Telefon klären würden, sagt er. Mit seiner Agentur, der Spielerrat GmbH, hat Wirth es geschafft, neben Gnabry unter anderem noch Kai Havertz als Klienten zu gewinnen. Der wechselte erst 2020 für kolportierte 80 Millionen Euro von Bayer Leverkusen zu Chelsea London. Trotz solcher spektakulären Deals hält Wirth sich eher im Hintergrund – ganz im Gegensatz zu so manch anderem Spielerberater.

Herr Wirth, was haben Sie sich zuletzt geleistet?

Ein Spinningrad, wegen des Lockdowns. Ich mache nämlich eigentlich sehr viel Sport. Da Fitnessstudios noch immer zu haben, erschien mir das als die beste Möglichkeit.

Beruflich sitzen Sie aber viel im Auto, zum Beispiel gerade auf den Weg von Nürnberg, wo Sie leben, zu Ihrem Klienten Serge Gnabry nach München. Fahren Sie denn stilecht einen Lamborghini?

Nein, ich fahre einen 5er-BMW. Noch dekadenter wird es wohl auch nicht mehr werden. Als meine beiden Kollegen und ich vor acht Jahren unsere Agentur gegründet haben, fuhr ich übrigens noch einen alten Audi A3.

Bevor Sie Spielerberater geworden sind, haben Sie für Adidas gearbeitet. Warum haben Sie sich selbstständig gemacht?

Ich habe gut siebeneinhalb Jahre bei Adidas im Sportmarketing gearbeitet und die Ausrüsterverträge für Spieler verhandelt. Die Entscheidung, sich selbstständig zu machen, haben meine beiden Kollegen, die ebenfalls bei Adidas arbeiteten, und ich im letzten Drittel unserer Zeit beim Unternehmen getroffen. Wir hatten einfach Bock auf was Neues – und konnten zuvor durch unsere Arbeit für Adidas auch das notwendige Netzwerk zu Spielern und Entscheidungsträgern in den Vereinen aufbauen.

Dabei waren Sie ursprünglich bei Siemens beschäftigt, wieso überhaupt der Wechsel ins Sportbusiness?

Es stimmt, ich habe ganz ursprünglich Internationale BWL in Deutschland und Chile studiert. Im Anschluss bekam ich einen Job für ein Inhouse-Consulting bei Siemens. Ich habe in meinen zwei Jahren bei Siemens aber gemerkt, dass das nichts für mich ist. Die Beratung ist ein sehr forderndes Business, man klopft viele Stunden, hat wenig Privatleben. Das Sportumfeld hat zu mir einfach besser gepasst. Ich war Ende 20, wollte mein Berufsleben auch meinem Lebensstil anpassen – da ich auch selbst viel Sport gemacht habe.

Spätestens wenn es um Gehaltsverhandlungen geht, hat jeder Fußballfan schon mal von Spielerberatern gehört. Was alles zu ihren Aufgaben gehört, kann sich aber schon längst nicht mehr jeder vorstellen. Beschreiben Sie bitte einmal Ihren Alltag.

Interessanterweise können mehr Leute mit dem Beruf des Headhunters in der Wirtschaft etwas anfangen als mit unserer Berufsbezeichnung. Ich bin im Grunde so etwas ähnliches, nur halt im Fußball. Mal agiere ich auf Seiten des Arbeitgebers, also des Vereins, wenn er einen neuen Spieler sucht, öfter aber direkt auf Seiten des Spielers. Mein Ziel ist es, beide Seiten bestmöglich zusammenzubringen. Bei uns hat dieses “Headhunter-Business” aber immer irgendwie etwas Zwielichtiges.

Wie läuft ein typischer Transfer im Fußball für Sie ab?

Im Grunde ist es ein dreistufiger Prozess. In der ersten Phase fühlen viele Vereine vor und fragen mich, wie es bei einem meiner Spieler aussieht, ob er sich einen Wechsel vorstellen kann. Am Anfang war ich bei sowas noch sehr euphorisch, habe meine Spieler direkt darüber informiert. Aber den Fehler macht man nur einmal. Denn das ist alles noch nichts Konkretes und damit mache ich meine Spieler nur verrückt.

Sie geben also einen Großteil dieser Anfragen gar nicht erst weiter?

Genau. Es sei denn, einer meine Spieler ist gerade in einer schlechten Phase, dann kann ich so etwas natürlich nutzen, um ihn aufzumuntern. Vereine nutzen solche Anrufe vor allem, um ihr Revier zu markieren, wollen auf dem Laufenden bleiben. In der zweiten Phase werden Vereine konkreter, würden den Spieler gerne einmal kennenlernen. Dann gibt es vielleicht einen Video Call oder sogar ein persönliches Treffen.

Aber es gibt im Fußball doch die Regel, dass Vereine die Spieler nicht direkt kontaktieren dürfen, wenn sie noch länger als sechs Monate lang einen Vertrag haben.

Ja das stimmt, mit mir als Spielerberater können sie natürlich trotzdem reden. In der dritten Phase wird es ernst. In der machen sie ein konkretes Angebot, und zwar schriftlich. Ab da beginnen die Verhandlungen über Vertragslaufzeit, Höhe des Gehalts und einer ganzen Reihe von Klauseln.

Zu Ihren Aufgaben gehört aber noch deutlich mehr, Sie organisieren Ihren Klienten noch viele Verträge außerhalb des Arbeitsvertrages beim Verein.

Ja, die Dienstleistungen können je nach Spieler sehr weit gehen. Wir helfen ihnen zum Beispiel, ihren Umzug zu organisieren, unterstützen bei der Eigenvermarktung, der Pressearbeit und beim Thema Social Media.

Sehen Sie sich als Händchenhalter?

Ich sehe unsere Agentur als Spielerentwickler. Wir wollen unsere Spieler über das, was sie vom Verein bekommen, hinaus unterstützen. Wir versuchen, ihnen weitere Impulse zu geben. Kann es für den Spieler zum Beispiel ein passendes Hobby sein, Klavier zu spielen? Serge Gnabry etwa haben wir eine Biografie über Muhammed Ali gegeben, weil das unserer Meinung nach seine Persönlichkeit weiterentwickeln kann.

Wie regelmäßig tauschen Sie sich mit Ihren Klienten aus?

Da gibt es keine genaue Regel. Es gibt einige, die wollen, dass wir mehr eingreifen, andere brauchen weniger Betreuung. Mit einigen sind wir täglich im Austausch – und sei es via WhatsApp über ihren Alltag.

Sehen Sie sich als Familienmitglied?

Das wäre definitiv too much. Das will ich mir gar nicht anmaßen. Als Spielerberater sollte man aber zum Kreis der engsten Vertrauten gehören – sonst kann es einfach nicht funktionieren.

Die breite Öffentlichkeit bekommt von Spielerberatern nur etwas mit, wenn es in Transfer- oder Gehaltsverhandlungen hakt. Wie stark sind Sie bei diesen Verhandlungen überhaupt involviert?

Bei Transferverhandlungen wollen Vereine uns auch gerne einmal als Mittelsmann, um einen Konsens zu finden. Gibt es eine festgeschriebene Ablösesumme, ist die Sache natürlich einfach. Nehmen Sie einmal den angekündigten Wechsel von Dayot Upamecano von RB Leipzig zu Bayern München für eine feste Summe. Da war der Job des Spielerberaters vermutlich vergleichsweise einfach.

Wie bestimmt sich der Marktwert eines Spielers?

Die Werte, die vorab gerne genannt werden und auf diversen Internetseiten kursieren, sind allenfalls Annäherungsversuche – mal besser, mal schlechter. Eine mathematische Formel dahinter haben schon viele gesucht, aber nicht gefunden. Es ist eine Mischung aus Sexiness des Spielers, wie sehr der Verein ihn will, wie groß der Druck für den Verein ist und wie die Alternativen sind. Und dann gibt es meist eine Lösung, bei der auch ich sagen würde, „ja, das ist der Marktwert des Spielers“.

Und dann gab es den Transfer von Fußballstar Neymar von Barcelona nach Paris für 222 Millionen Euro. Entspricht das wirklich dem Marktwert des Spielers?

Es gibt immer Einzelfälle, die schwer zu verstehen sind. Der Transfer von Neymar gehört sicherlich dazu. Dass Bayern München sich zuletzt mit Lucas Hernandez einen Verteidiger für 80 Millionen Euro geholt hat, ist ebenfalls nur schwer nachzuvollziehen.

Als Spielerberater sind Sie Teil davon, wie viel Geld verdienen Sie?

Unsere Vergütung basiert in aller Regel auf dem Arbeitsvertrag des Spielers. Wir bekommene eine Provision auf das Grundgehalt unseres Klienten. Die beträgt bei seriösen Beratern meist zwischen acht und zwölf Prozent. Bezahlt wird die Provision direkt vom Verein.

Und diese Provision beinhaltet alles, unabhängig davon, wie viele Zusatzleistungen Sie erbringen?

Unser Anspruch ist natürlich, jedem Spieler das gleiche Paket zu geben. Klar wäre es theoretisch besser, nur auf Topspieler zu setzen und ich würde lügen, wenn die Betreuungsintensität in der 3. Liga genauso hoch wäre wie bei einem Champions-League-Spieler. Zu groß darf der Unterschied aber nicht sein.

Es gibt Spielerberater, die stehen schon bei sehr jungen Spielern am Rand des Trainingsplatzes und wollen ihn als Klient gewinnen. Ab wann braucht ein Spieler Ihrer Meinung nach einen Berater?

Das ist gar nicht so einfach am Alter festzumachen. Ein Spieler, der beispielsweise in der U19 ist und eine Perspektive hat, bei den Profis mitzutrainieren, der braucht einen Spielerberater. Es gibt auch Jungs aus der U15, die bereits einen Berater haben, das halte ich für Quatsch. Die brauchen einfach noch keinen. Ein Berater in so einem Alter führt übrigens auch dazu, dass die Spieler total abgehoben werden können. Sie drücken früh Verantwortung weg und sagen, “mein Berater macht das schon”. Das suggeriert ihnen, dass sie es schon geschafft hätten. Dabei haben sie noch gar nichts erreicht.

Seit wann betreuen Sie Kai Havertz und Serge Gnabry?

Kai Havertz war in der U17 bei Leverkusen, also 16 Jahre alt. Gnabry haben wir in unserer Funktion bei adidas damals mit 15 Jahren kennengelernt. Dass sich viele Jahre später daraus eine Zusammenarbeit entwickelt, war damals noch nicht anzusehen. Aber ich weiß genau, worauf Sie anspielen. Es geht darum, die Schnittstelle zu finden. Bei Havertz zum Beispiel war allen klar, dass er ein Star werden wird. Sein Aufstieg war kometenhaft. Und in diesem Fall braucht es eben auch schon einen Berater. Damals haben sich nahezu alle Agenturen bei Havertz gemeldet.

Wie konnten Sie ihn für sich gewinnen?

Wir haben bei den Eltern und seinem Bruder, der viel für ihn gemanagt hat, den richtigen Ton getroffen. Wir waren sehr klar in unserer Ansprache, aber auch zurückhaltend. Eltern von solchen Spielern werden nahezu belagert. In unseren Gesprächen stellte sich heraus, dass es passen könnte. Bei solch talentierten Spielern spricht für eine junge Beratung, dass man sich langsam steigern, miteinander vertraut werden kann. So wird ein Spieler auch nicht ins kalte Wasser geworfen, wenn er vor seinem ersten Profivertrag steht.

Sie versprechen auf Ihrer Webseite: „Wir machen talentierte Fußballspieler zu Profispielern und Nationalspieler zu Weltmeistern.” Können Sie das wirklich halten?

Ok, das ist zugegebenermaßen etwas Marketingsprech. Klar machen wir nicht jeden zum Weltmeister. Unser Klient Per Mertesacker blickt zum Beispiel auch mit einem Augenzwinkern auf die WM 2014 zurück und sagt, dass er mit wenig Talent Weltmeister geworden ist. Wir sind zufrieden, wenn wir am Ende der Karriere mit unserem Spieler zurückschauen und sagen können, dass wir das maximale herausgeholt haben.

Es gibt Spielerberater, die reden viel mit den Medien. Mino Raiola etwa, der mit einem geschätzten Vermögen von 100 Millionen der bestverdienende sein soll, gehört dazu. Warum halten Sie sich eher zurück?

Raiola verfolgt da einen ganz anderen Stil. Wir haben zum Beispiel mit dem Wechsel von Kai Havertz von Leverkusen nach Chelsea den Transfer mit dem größten Volumen im Sommer 2020 gehabt. Raiola wäre da wahrscheinlich täglich in den Medien gewesen, wir haben uns komplett zurückgehalten. Ich sehe es nicht als unsere Aufgabe, derart im Rampenlicht zu stehen.

Warum ist Ihrer Meinung nach das Ansehen von Spielerberatern so gering?

Ich denke, es gibt ein internes und ein externes Ansehen. Lassen wir schwarze Schafe mal außen vor, intern genießen wir ein sehr hohes Ansehen. Spieler vertrauen uns, die Vereine schätzen unsere Arbeit. Das externe schlechte Ansehen werden wir wohl nicht mehr los. Da sind wir gefühlt auf einer Ebene mit Investmentbankern. Ich sehe trotzdem Punkte, die man insgesamt verbessern müsste.

Was stört Sie?

Es gibt derzeit keine Eintrittsbarrieren, jeder kann sich Spielerberater nennen. Es gibt kein Studium, keine Qualifikation, keine Zertifizierung. Und da es sich um einen finanziell super lukrativen Wirtschaftszweig handelt, gibt es neben vielen Profis eben auch Scharlatane.

Fußballmanager Horst Heldt hat einmal bemängelt, dass auch die Bezahlung von Spielerberatern überhaupt nicht reguliert ist. Müsste man das auch angehen?

An diesem Punkt glaube ich an den freien Markt. Ich würde weder Spielergehälter limitieren – was ja auch unser Gehalt beeinflusst – noch den Honoraranteil von Spielerberatern. Den Anteil muss ein Spielerberater selbst verhandeln, die seriösen nehmen wie wir acht bis zwölf Prozent. Nun habe ich aber auch noch eine Frage an Sie, sind Sie Fußballfan?

Oh ja, aber ich bitte jetzt um viel Professionalität: Ich bin Schalke-Fan.

Mein Beileid.

Zur Person: Thorsten Wirth wurde 1978 geboren. Während seines Studiums machte er unter anderem ein Praktikum bei McKinsey. Im Anschluss zog es ihn zu Siemens. Erst danach fand Wirth seinen Weg in Welt des Sports. Nach einer Zeit bei Adidas machte er sich mit drei Kollegen selbstständig und gründete die Agentur Spielerrat GmbH in Nürnberg. Wirth betreut eine ganze Reihe von Spielern und auch einige Trainer. Hinzu kommen ehemalige Fußballspieler wie Weltmeister Per Mertesacker.

„Das schlechte Ansehen werden wir wohl nicht mehr los“

Interviews

„Das schlechte Ansehen werden wir wohl nicht mehr los“

22.3.2021

Jan Schulte

Spielerberater werden gerne einmal als die Heuschrecken des Fußballs bezeichnet. Thorsten Wirth ist einer von Ihnen, er berät unter anderem die beiden deutschen Stars Kai Havertz und Serge Gnabry. Im Interview spricht er über die Außendarstellung seines Berufes.

Thorsten Wirth sitzt im Auto auf dem Weg von Nürnberg nach München. Ein Treffen mit seinem Klienten Serge Gnabry steht an. Der gehöre zu den Fußballern, die einige Dinge lieber persönlich als am Telefon klären würden, sagt er. Mit seiner Agentur, der Spielerrat GmbH, hat Wirth es geschafft, neben Gnabry unter anderem noch Kai Havertz als Klienten zu gewinnen. Der wechselte erst 2020 für kolportierte 80 Millionen Euro von Bayer Leverkusen zu Chelsea London. Trotz solcher spektakulären Deals hält Wirth sich eher im Hintergrund – ganz im Gegensatz zu so manch anderem Spielerberater.

Herr Wirth, was haben Sie sich zuletzt geleistet?

Ein Spinningrad, wegen des Lockdowns. Ich mache nämlich eigentlich sehr viel Sport. Da Fitnessstudios noch immer zu haben, erschien mir das als die beste Möglichkeit.

Beruflich sitzen Sie aber viel im Auto, zum Beispiel gerade auf den Weg von Nürnberg, wo Sie leben, zu Ihrem Klienten Serge Gnabry nach München. Fahren Sie denn stilecht einen Lamborghini?

Nein, ich fahre einen 5er-BMW. Noch dekadenter wird es wohl auch nicht mehr werden. Als meine beiden Kollegen und ich vor acht Jahren unsere Agentur gegründet haben, fuhr ich übrigens noch einen alten Audi A3.

Bevor Sie Spielerberater geworden sind, haben Sie für Adidas gearbeitet. Warum haben Sie sich selbstständig gemacht?

Ich habe gut siebeneinhalb Jahre bei Adidas im Sportmarketing gearbeitet und die Ausrüsterverträge für Spieler verhandelt. Die Entscheidung, sich selbstständig zu machen, haben meine beiden Kollegen, die ebenfalls bei Adidas arbeiteten, und ich im letzten Drittel unserer Zeit beim Unternehmen getroffen. Wir hatten einfach Bock auf was Neues – und konnten zuvor durch unsere Arbeit für Adidas auch das notwendige Netzwerk zu Spielern und Entscheidungsträgern in den Vereinen aufbauen.

Dabei waren Sie ursprünglich bei Siemens beschäftigt, wieso überhaupt der Wechsel ins Sportbusiness?

Es stimmt, ich habe ganz ursprünglich Internationale BWL in Deutschland und Chile studiert. Im Anschluss bekam ich einen Job für ein Inhouse-Consulting bei Siemens. Ich habe in meinen zwei Jahren bei Siemens aber gemerkt, dass das nichts für mich ist. Die Beratung ist ein sehr forderndes Business, man klopft viele Stunden, hat wenig Privatleben. Das Sportumfeld hat zu mir einfach besser gepasst. Ich war Ende 20, wollte mein Berufsleben auch meinem Lebensstil anpassen – da ich auch selbst viel Sport gemacht habe.

Spätestens wenn es um Gehaltsverhandlungen geht, hat jeder Fußballfan schon mal von Spielerberatern gehört. Was alles zu ihren Aufgaben gehört, kann sich aber schon längst nicht mehr jeder vorstellen. Beschreiben Sie bitte einmal Ihren Alltag.

Interessanterweise können mehr Leute mit dem Beruf des Headhunters in der Wirtschaft etwas anfangen als mit unserer Berufsbezeichnung. Ich bin im Grunde so etwas ähnliches, nur halt im Fußball. Mal agiere ich auf Seiten des Arbeitgebers, also des Vereins, wenn er einen neuen Spieler sucht, öfter aber direkt auf Seiten des Spielers. Mein Ziel ist es, beide Seiten bestmöglich zusammenzubringen. Bei uns hat dieses “Headhunter-Business” aber immer irgendwie etwas Zwielichtiges.

Wie läuft ein typischer Transfer im Fußball für Sie ab?

Im Grunde ist es ein dreistufiger Prozess. In der ersten Phase fühlen viele Vereine vor und fragen mich, wie es bei einem meiner Spieler aussieht, ob er sich einen Wechsel vorstellen kann. Am Anfang war ich bei sowas noch sehr euphorisch, habe meine Spieler direkt darüber informiert. Aber den Fehler macht man nur einmal. Denn das ist alles noch nichts Konkretes und damit mache ich meine Spieler nur verrückt.

Sie geben also einen Großteil dieser Anfragen gar nicht erst weiter?

Genau. Es sei denn, einer meine Spieler ist gerade in einer schlechten Phase, dann kann ich so etwas natürlich nutzen, um ihn aufzumuntern. Vereine nutzen solche Anrufe vor allem, um ihr Revier zu markieren, wollen auf dem Laufenden bleiben. In der zweiten Phase werden Vereine konkreter, würden den Spieler gerne einmal kennenlernen. Dann gibt es vielleicht einen Video Call oder sogar ein persönliches Treffen.

Aber es gibt im Fußball doch die Regel, dass Vereine die Spieler nicht direkt kontaktieren dürfen, wenn sie noch länger als sechs Monate lang einen Vertrag haben.

Ja das stimmt, mit mir als Spielerberater können sie natürlich trotzdem reden. In der dritten Phase wird es ernst. In der machen sie ein konkretes Angebot, und zwar schriftlich. Ab da beginnen die Verhandlungen über Vertragslaufzeit, Höhe des Gehalts und einer ganzen Reihe von Klauseln.

Zu Ihren Aufgaben gehört aber noch deutlich mehr, Sie organisieren Ihren Klienten noch viele Verträge außerhalb des Arbeitsvertrages beim Verein.

Ja, die Dienstleistungen können je nach Spieler sehr weit gehen. Wir helfen ihnen zum Beispiel, ihren Umzug zu organisieren, unterstützen bei der Eigenvermarktung, der Pressearbeit und beim Thema Social Media.

Sehen Sie sich als Händchenhalter?

Ich sehe unsere Agentur als Spielerentwickler. Wir wollen unsere Spieler über das, was sie vom Verein bekommen, hinaus unterstützen. Wir versuchen, ihnen weitere Impulse zu geben. Kann es für den Spieler zum Beispiel ein passendes Hobby sein, Klavier zu spielen? Serge Gnabry etwa haben wir eine Biografie über Muhammed Ali gegeben, weil das unserer Meinung nach seine Persönlichkeit weiterentwickeln kann.

Wie regelmäßig tauschen Sie sich mit Ihren Klienten aus?

Da gibt es keine genaue Regel. Es gibt einige, die wollen, dass wir mehr eingreifen, andere brauchen weniger Betreuung. Mit einigen sind wir täglich im Austausch – und sei es via WhatsApp über ihren Alltag.

Sehen Sie sich als Familienmitglied?

Das wäre definitiv too much. Das will ich mir gar nicht anmaßen. Als Spielerberater sollte man aber zum Kreis der engsten Vertrauten gehören – sonst kann es einfach nicht funktionieren.

Die breite Öffentlichkeit bekommt von Spielerberatern nur etwas mit, wenn es in Transfer- oder Gehaltsverhandlungen hakt. Wie stark sind Sie bei diesen Verhandlungen überhaupt involviert?

Bei Transferverhandlungen wollen Vereine uns auch gerne einmal als Mittelsmann, um einen Konsens zu finden. Gibt es eine festgeschriebene Ablösesumme, ist die Sache natürlich einfach. Nehmen Sie einmal den angekündigten Wechsel von Dayot Upamecano von RB Leipzig zu Bayern München für eine feste Summe. Da war der Job des Spielerberaters vermutlich vergleichsweise einfach.

Wie bestimmt sich der Marktwert eines Spielers?

Die Werte, die vorab gerne genannt werden und auf diversen Internetseiten kursieren, sind allenfalls Annäherungsversuche – mal besser, mal schlechter. Eine mathematische Formel dahinter haben schon viele gesucht, aber nicht gefunden. Es ist eine Mischung aus Sexiness des Spielers, wie sehr der Verein ihn will, wie groß der Druck für den Verein ist und wie die Alternativen sind. Und dann gibt es meist eine Lösung, bei der auch ich sagen würde, „ja, das ist der Marktwert des Spielers“.

Und dann gab es den Transfer von Fußballstar Neymar von Barcelona nach Paris für 222 Millionen Euro. Entspricht das wirklich dem Marktwert des Spielers?

Es gibt immer Einzelfälle, die schwer zu verstehen sind. Der Transfer von Neymar gehört sicherlich dazu. Dass Bayern München sich zuletzt mit Lucas Hernandez einen Verteidiger für 80 Millionen Euro geholt hat, ist ebenfalls nur schwer nachzuvollziehen.

Als Spielerberater sind Sie Teil davon, wie viel Geld verdienen Sie?

Unsere Vergütung basiert in aller Regel auf dem Arbeitsvertrag des Spielers. Wir bekommene eine Provision auf das Grundgehalt unseres Klienten. Die beträgt bei seriösen Beratern meist zwischen acht und zwölf Prozent. Bezahlt wird die Provision direkt vom Verein.

Und diese Provision beinhaltet alles, unabhängig davon, wie viele Zusatzleistungen Sie erbringen?

Unser Anspruch ist natürlich, jedem Spieler das gleiche Paket zu geben. Klar wäre es theoretisch besser, nur auf Topspieler zu setzen und ich würde lügen, wenn die Betreuungsintensität in der 3. Liga genauso hoch wäre wie bei einem Champions-League-Spieler. Zu groß darf der Unterschied aber nicht sein.

Es gibt Spielerberater, die stehen schon bei sehr jungen Spielern am Rand des Trainingsplatzes und wollen ihn als Klient gewinnen. Ab wann braucht ein Spieler Ihrer Meinung nach einen Berater?

Das ist gar nicht so einfach am Alter festzumachen. Ein Spieler, der beispielsweise in der U19 ist und eine Perspektive hat, bei den Profis mitzutrainieren, der braucht einen Spielerberater. Es gibt auch Jungs aus der U15, die bereits einen Berater haben, das halte ich für Quatsch. Die brauchen einfach noch keinen. Ein Berater in so einem Alter führt übrigens auch dazu, dass die Spieler total abgehoben werden können. Sie drücken früh Verantwortung weg und sagen, “mein Berater macht das schon”. Das suggeriert ihnen, dass sie es schon geschafft hätten. Dabei haben sie noch gar nichts erreicht.

Seit wann betreuen Sie Kai Havertz und Serge Gnabry?

Kai Havertz war in der U17 bei Leverkusen, also 16 Jahre alt. Gnabry haben wir in unserer Funktion bei adidas damals mit 15 Jahren kennengelernt. Dass sich viele Jahre später daraus eine Zusammenarbeit entwickelt, war damals noch nicht anzusehen. Aber ich weiß genau, worauf Sie anspielen. Es geht darum, die Schnittstelle zu finden. Bei Havertz zum Beispiel war allen klar, dass er ein Star werden wird. Sein Aufstieg war kometenhaft. Und in diesem Fall braucht es eben auch schon einen Berater. Damals haben sich nahezu alle Agenturen bei Havertz gemeldet.

Wie konnten Sie ihn für sich gewinnen?

Wir haben bei den Eltern und seinem Bruder, der viel für ihn gemanagt hat, den richtigen Ton getroffen. Wir waren sehr klar in unserer Ansprache, aber auch zurückhaltend. Eltern von solchen Spielern werden nahezu belagert. In unseren Gesprächen stellte sich heraus, dass es passen könnte. Bei solch talentierten Spielern spricht für eine junge Beratung, dass man sich langsam steigern, miteinander vertraut werden kann. So wird ein Spieler auch nicht ins kalte Wasser geworfen, wenn er vor seinem ersten Profivertrag steht.

Sie versprechen auf Ihrer Webseite: „Wir machen talentierte Fußballspieler zu Profispielern und Nationalspieler zu Weltmeistern.” Können Sie das wirklich halten?

Ok, das ist zugegebenermaßen etwas Marketingsprech. Klar machen wir nicht jeden zum Weltmeister. Unser Klient Per Mertesacker blickt zum Beispiel auch mit einem Augenzwinkern auf die WM 2014 zurück und sagt, dass er mit wenig Talent Weltmeister geworden ist. Wir sind zufrieden, wenn wir am Ende der Karriere mit unserem Spieler zurückschauen und sagen können, dass wir das maximale herausgeholt haben.

Es gibt Spielerberater, die reden viel mit den Medien. Mino Raiola etwa, der mit einem geschätzten Vermögen von 100 Millionen der bestverdienende sein soll, gehört dazu. Warum halten Sie sich eher zurück?

Raiola verfolgt da einen ganz anderen Stil. Wir haben zum Beispiel mit dem Wechsel von Kai Havertz von Leverkusen nach Chelsea den Transfer mit dem größten Volumen im Sommer 2020 gehabt. Raiola wäre da wahrscheinlich täglich in den Medien gewesen, wir haben uns komplett zurückgehalten. Ich sehe es nicht als unsere Aufgabe, derart im Rampenlicht zu stehen.

Warum ist Ihrer Meinung nach das Ansehen von Spielerberatern so gering?

Ich denke, es gibt ein internes und ein externes Ansehen. Lassen wir schwarze Schafe mal außen vor, intern genießen wir ein sehr hohes Ansehen. Spieler vertrauen uns, die Vereine schätzen unsere Arbeit. Das externe schlechte Ansehen werden wir wohl nicht mehr los. Da sind wir gefühlt auf einer Ebene mit Investmentbankern. Ich sehe trotzdem Punkte, die man insgesamt verbessern müsste.

Was stört Sie?

Es gibt derzeit keine Eintrittsbarrieren, jeder kann sich Spielerberater nennen. Es gibt kein Studium, keine Qualifikation, keine Zertifizierung. Und da es sich um einen finanziell super lukrativen Wirtschaftszweig handelt, gibt es neben vielen Profis eben auch Scharlatane.

Fußballmanager Horst Heldt hat einmal bemängelt, dass auch die Bezahlung von Spielerberatern überhaupt nicht reguliert ist. Müsste man das auch angehen?

An diesem Punkt glaube ich an den freien Markt. Ich würde weder Spielergehälter limitieren – was ja auch unser Gehalt beeinflusst – noch den Honoraranteil von Spielerberatern. Den Anteil muss ein Spielerberater selbst verhandeln, die seriösen nehmen wie wir acht bis zwölf Prozent. Nun habe ich aber auch noch eine Frage an Sie, sind Sie Fußballfan?

Oh ja, aber ich bitte jetzt um viel Professionalität: Ich bin Schalke-Fan.

Mein Beileid.

Zur Person: Thorsten Wirth wurde 1978 geboren. Während seines Studiums machte er unter anderem ein Praktikum bei McKinsey. Im Anschluss zog es ihn zu Siemens. Erst danach fand Wirth seinen Weg in Welt des Sports. Nach einer Zeit bei Adidas machte er sich mit drei Kollegen selbstständig und gründete die Agentur Spielerrat GmbH in Nürnberg. Wirth betreut eine ganze Reihe von Spielern und auch einige Trainer. Hinzu kommen ehemalige Fußballspieler wie Weltmeister Per Mertesacker.

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Über den Autor

Jan Schulte

„Das schlechte Ansehen werden wir wohl nicht mehr los“„Das schlechte Ansehen werden wir wohl nicht mehr los“

Jan Schulte schreibt über Wirtschaft und Politik.

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