Der Wirtschaftswissenschaftler John Law ist längst nicht so bekannt wie andere Vertreter seiner Zunft. Das ist ungerecht, denn kaum ein Ökonom hat mit seinen Ideen die heutige Wirtschaftspolitik mehr geprägt als der hochbegabte Glücksritter aus Edinburgh, der vor gut 300 Jahren einen unwahrscheinlichen Aufstieg hin zum ersten französischen Zentralbankchef hinlegte.

Der Sonnenkönig Ludwig XIV. hatte seinen Staat an den Rande des Bankrotts gebracht. So war es am Regenten Philippe II. und seinem guten Freund Law, die Staatsfinanzen wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Der Schotte hatte dazu drei Ideen, die aufmerksamen Beobachter der heutigen Staatsschuldenpolitik bekannt vorkommen werden:

  1. John Law führte papierne Banknoten ein, die nur anfangs noch eine Golddeckung besaßen. Nach dem zweiten Weltkrieg setzten viele Staaten dies auch um, spätestens seit den Siebzigern ist die Wertstabilität von Papiergeld nur noch eine Illusion. Es ermöglicht den Länder aber, immer mehr Geld herauszugeben, unabhängig davon, wie viel nun wirklich in ihren Kellern lagert.
  2. Mit dem gedruckten Geld kaufte die von Law geführte Zentralbank Staatsanleihen auf. Offiziell ist so etwas heute nicht mehr möglich, direkte Staatsfinanzierung ist verboten. Faktisch ist dem schon lange nicht mehr so. Die Zentralbanken kauften nicht die eigenen, aber die Staatsanleihen anderer Staaten auf, um diese Regelung zu umgehen. Wenn die Währung eines Landes zu stark fiel, sahen die anderen Länder ihre Exportindustrie gefährdet und deren Zentralbanken stabilisierten die Schwachwährung mit Devisenkäufen durch frisch gedrucktes Geld. Seit der Finanzkrise 2008 kaufen sie auch die Anleihen ihrer eigenen Nation, wenn auch offiziell noch über den Markt als Umweg. Direkte Staatsfinanzierung durch die Zentralbank ist im Jahr 2020 längst Realität.
  3. Die dritte Idee Laws war es, das Geld der Bürger in bestimmte Anlageformen – damals staatliche Goldminen in Louisiana – zu locken. Law ließ mit dem eingesammelten Geld wiederum Staatsanleihen kaufen. Dieser Umweg sollte den Verdacht zerstreuen, dass permanent neues Geld zur Schuldenfinanzierung gedruckt würde, was langfristig das Vertrauen in die Wertstabilität des Geldes untergraben hätte. Heute erklärt man Staatsanleihen – selbst solche aus Griechenland oder Italien – per Gesetz als völlig ausfallsicher. Seitdem dürfen Banken und Versicherungen solche Anleihen unbegrenzt kaufen und mit gewaltigen Mengen von Spar- und sonstigen Bankguthaben von Anlegern finanzieren. Sie tun dies auch, weil sie sich darauf verlassen können, dass die Zentralbanken ihnen ihre Staatsanleihen abkaufen werden, wenn sie Geld benötigen. Nur dadurch sind Staatsanleihen tatsächlich sicher.

Was können Anleger daraus lernen? Nun, da offensichtlich Politiker und Banker seit drei Jahrhunderten immer die gleichen Tricks anwenden und Kapitalanleger darauf hereinfallen, darf man getrost davon ausgehen, dass die aktuellen staatlichen Maßnahmen auch nicht zum Zusammenbruch des Kapitalmarkts führen werden. Wie bei früheren vergleichbaren Phasen (siehe hierzu meine Position vom Oktober) wird auf die Phase des massiven Ankaufs von Staatsanleihen als nächstes ein Sachwerteboom einsetzen und dann eine verstärkte Inflation der Konsumgüterpreise. Denn die extrem niedrigen Zinsen werden auch risikoscheue Anleger zunehmend in risikoreichere Anlageformen wie Aktien, Beteiligungsfonds, (Wohn-)Immobilien und Gold zwingen, was unsere langfristig positive Einschätzung dieser Assetklassen rechtfertigt.