Reinhard Panses Positionen
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Blockbildung ist eines der beliebtesten Erklärungsmuster für Geopolitik. Im Kalten Krieg ergab sich das fast von selbst, gab es doch zwei sehr klare Lager, angeführt von der Sowjetunion und den USA. Doch auch nach dem Ende dieser Ära Anfang der Neunzigerjahre brechen wir weltweite Entwicklungen gerne auf diese binäre Sichtweise herunter. Das bevorzugte Muster der vergangenen Jahre: Autokratien gegen Demokratien. Aus ihm leiteten viele die Erzählung ab, dass Autokratien wie China im Aufstieg seien, während Demokratien wie die USA und die EU-Staaten zunehmend an Boden verlören. Die US-Investmentbank Goldman-Sachs prognostizierte 2011, dass die chinesische Volkswirtschaft die der USA bis 2026 einholen und schließlich überholen werde, wobei der asiatische Staat seinen Vorsprung immer weiter ausbauen sollte.
Doch diese und vergleichbare Prognosen – etwa von der OECD – haben sich als falsch erwiesen. Goldman Sachs selbst korrigierte sich im vergangenen Jahr, die Bank ging nun davon aus, dass China erst 2035 mit den USA gleichziehen werde und sich die beiden Volkswirtschaften in der Folge eher parallel entwickeln dürften. Das Londoner Wirtschaftsforschungsunternehmen Capital Economics kam in einer aktuellen Prognose sogar zu dem Schluss, dass China die USA niemals einholen und ab Mitte 2030er-Jahre sogar wieder zurückfallen werde. Internationale Investoren und selbst viele Chinesen sehen die Zukunft des Landes mit wachsender Sorge. Lagen all die Experten der Vergangenheit also falsch?
Tatsächlich hat sich vor allem das verantwortliche Spitzenpersonal verändert. Die Tatsache, dass vor dem Machtantritt von Xi Jinping die Spitzenpolitiker in China naturwissenschaftlich-mathematisch ausgebildet waren, dürfte zu dem herausragenden wirtschaftlichen Aufstieg Chinas beigetragen haben. Nun ist die Steigerung des Wohlstandes der Bevölkerung nicht mehr das Hauptziel der Politik, sondern der Machterhalt der kommunistischen Partei. Dafür werden offenbar Politiker mit anderen Qualifikationen benötigt. Als Resultat beobachten wir, dass immer weniger Mitglieder des Politbüros „Hard Sciences“ studiert haben, „Soft Sciences“ dominieren mittlerweile.
Diese Politiker haben in den vergangenen Jahren einige wirtschaftlich gravierende Fehlentscheidungen getroffen. Die rigide Coronapolitik war sicher die auffälligste, ihr Schaden für die Wirtschaft klar erkennbar. Aber auch schon nach der Finanzkrise 2008 setzte die chinesische Regierung auf Immobilieninvestitionen zur Konjunkturstimulierung. Dieses Mittel bringt zwar kurzfristig Erfolg, führt aber langfristig nahezu immer in die Krise – etwa in Ostdeutschland in den Neunzigern oder in den USA während der Subprime-Krise. Inzwischen stehen in China 65 Millionen Wohnungen leer und erwirtschaften keine Mieterträge zur Bedienung der Hypothekenschulden. Wegen dieser gigantischen Fehlinvestitionen ist China bereits höher verschuldet als viele reiche Industrieländer, was bei einem wesentlich niedrigeren Wohlstandsniveau eine besonders starke Belastung des künftigen Wachstums bedeutet.
Mittelfristig dürfte es nicht besser werden. China leidet unter einer ungünstigen demografischen Entwicklung. Auch die Investitionen in moderne Technologien, für die Leistungsfähigkeit einer Wirtschaft entscheidend, sind längst nicht so hoch, wie manchmal angenommen wird. Nehmen wir als Beispiel Künstliche Intelligenz (KI): Laut dem AI-Index-Report der US-amerikanischen Stanford-Universität können selbst die Europäer bei der Anzahl neu entwickelter KI-Systeme mit China mithalten. Die USA haben einen deutlichen Vorsprung. Dies bestätigen die Ausgaben für KI-Systeme in den USA, die mit 47 Milliarden US-Dollar weit vor allen anderen untersuchten Ländern liegen. Auch die Ausgaben pro Kopf der Bevölkerung zeigen, dass China nicht besonders viel in KI investiert oder investieren kann. Der Untergang des Abendlandes, er lässt weiter auf sich warten.
Reinhard Panses Positionen
Dass China bald den USA den Rang als Wirtschaftsmacht Nummer eins ablaufen wird, galt unter Experten lange als ausgemacht. Doch langsam ändern sich die Prognosen, der chinesische Aufstieg scheint vertagt oder sogar abgesagt. Woran liegt das?
Blockbildung ist eines der beliebtesten Erklärungsmuster für Geopolitik. Im Kalten Krieg ergab sich das fast von selbst, gab es doch zwei sehr klare Lager, angeführt von der Sowjetunion und den USA. Doch auch nach dem Ende dieser Ära Anfang der Neunzigerjahre brechen wir weltweite Entwicklungen gerne auf diese binäre Sichtweise herunter. Das bevorzugte Muster der vergangenen Jahre: Autokratien gegen Demokratien. Aus ihm leiteten viele die Erzählung ab, dass Autokratien wie China im Aufstieg seien, während Demokratien wie die USA und die EU-Staaten zunehmend an Boden verlören. Die US-Investmentbank Goldman-Sachs prognostizierte 2011, dass die chinesische Volkswirtschaft die der USA bis 2026 einholen und schließlich überholen werde, wobei der asiatische Staat seinen Vorsprung immer weiter ausbauen sollte.
Doch diese und vergleichbare Prognosen – etwa von der OECD – haben sich als falsch erwiesen. Goldman Sachs selbst korrigierte sich im vergangenen Jahr, die Bank ging nun davon aus, dass China erst 2035 mit den USA gleichziehen werde und sich die beiden Volkswirtschaften in der Folge eher parallel entwickeln dürften. Das Londoner Wirtschaftsforschungsunternehmen Capital Economics kam in einer aktuellen Prognose sogar zu dem Schluss, dass China die USA niemals einholen und ab Mitte 2030er-Jahre sogar wieder zurückfallen werde. Internationale Investoren und selbst viele Chinesen sehen die Zukunft des Landes mit wachsender Sorge. Lagen all die Experten der Vergangenheit also falsch?
Tatsächlich hat sich vor allem das verantwortliche Spitzenpersonal verändert. Die Tatsache, dass vor dem Machtantritt von Xi Jinping die Spitzenpolitiker in China naturwissenschaftlich-mathematisch ausgebildet waren, dürfte zu dem herausragenden wirtschaftlichen Aufstieg Chinas beigetragen haben. Nun ist die Steigerung des Wohlstandes der Bevölkerung nicht mehr das Hauptziel der Politik, sondern der Machterhalt der kommunistischen Partei. Dafür werden offenbar Politiker mit anderen Qualifikationen benötigt. Als Resultat beobachten wir, dass immer weniger Mitglieder des Politbüros „Hard Sciences“ studiert haben, „Soft Sciences“ dominieren mittlerweile.
Diese Politiker haben in den vergangenen Jahren einige wirtschaftlich gravierende Fehlentscheidungen getroffen. Die rigide Coronapolitik war sicher die auffälligste, ihr Schaden für die Wirtschaft klar erkennbar. Aber auch schon nach der Finanzkrise 2008 setzte die chinesische Regierung auf Immobilieninvestitionen zur Konjunkturstimulierung. Dieses Mittel bringt zwar kurzfristig Erfolg, führt aber langfristig nahezu immer in die Krise – etwa in Ostdeutschland in den Neunzigern oder in den USA während der Subprime-Krise. Inzwischen stehen in China 65 Millionen Wohnungen leer und erwirtschaften keine Mieterträge zur Bedienung der Hypothekenschulden. Wegen dieser gigantischen Fehlinvestitionen ist China bereits höher verschuldet als viele reiche Industrieländer, was bei einem wesentlich niedrigeren Wohlstandsniveau eine besonders starke Belastung des künftigen Wachstums bedeutet.
Mittelfristig dürfte es nicht besser werden. China leidet unter einer ungünstigen demografischen Entwicklung. Auch die Investitionen in moderne Technologien, für die Leistungsfähigkeit einer Wirtschaft entscheidend, sind längst nicht so hoch, wie manchmal angenommen wird. Nehmen wir als Beispiel Künstliche Intelligenz (KI): Laut dem AI-Index-Report der US-amerikanischen Stanford-Universität können selbst die Europäer bei der Anzahl neu entwickelter KI-Systeme mit China mithalten. Die USA haben einen deutlichen Vorsprung. Dies bestätigen die Ausgaben für KI-Systeme in den USA, die mit 47 Milliarden US-Dollar weit vor allen anderen untersuchten Ländern liegen. Auch die Ausgaben pro Kopf der Bevölkerung zeigen, dass China nicht besonders viel in KI investiert oder investieren kann. Der Untergang des Abendlandes, er lässt weiter auf sich warten.
Über den Autor
Reinhard Panse
Reinhard Panse ist Chief Investment Officer und Mitgründer der FINVIA Family Office GmbH. Bis Februar 2020 war Reinhard Panse Mitglied der Geschäftsführung und Chief Investment Officer für die im Eigentum der Familie Harald Quandt stehende HQ Trust GmbH. Von 2004 bis zum Eintritt in die HQ Trust GmbH im Jahre 2011 war Reinhard Panse Chief Investment Officer des in der UBS Deutschland AG geschaffenenGeschäftsbereichs UBS Sauerborn. Ab 2001 war Reinhard Panse Mitglied des Vorstands der Sauerborn Trust AG bzw. der Rechtsvorgänger. Er verantwortete die Investmentstrategie und gestaltete federführend die ganzheitliche Vermögensbetreuung und -verwaltung großer Privatvermögen. Begonnen hat Reinhard Panse mit der Übernahme von Kapitalmarkt- und Kundenbetreuungstätigkeiten bei der Feri GmbH im Jahre 1989, nachdem er eine eigene Vermögensverwaltung als Geschäftsführer gegründet und geführt hatte.