Es kann scheinbar nichts mehr passieren. Zu dieser Annahme müssen die Investoren und Anleger kommen, wenn sie aktuell auf die Weltlage schauen. Die Aktienmärkte haben in den vergangenen Monaten die Verluste nach dem Corona-Crash wieder gut gemacht, teils deutlich übertroffen und selbst wenn noch einmal eine Korrektur drohen sollte, sind die Staaten zur Stelle. Schon Aktienkursrückgänge von zehn Prozent quittiert die US-Zentralbank in aller Regel mit Zinssenkungen, ganz ähnlich zu ihren Kolleginnen und Kollegen in Europa und Asien. Die Staaten drücken die Zinsen auf historisch niedrige Niveaus.

In der Europäischen Union ist das erst einmal ein positives, politisches Signal. Immerhin zeigt die Entschlossenheit der vergangenen Monate, dass die Mitglieder bereit und in der Lage sind, alles zu tun, um die wirtschaftliche Erholung nicht zu gefährden. Was sie dabei aber auch akzeptieren: Sie treiben die Verschuldung immer weiter nach oben.

Dieses Spiel wird nicht ewig gutgehen. Denn auch ein Arzt, der dem zitternden Alkoholiker zwei doppelte Whisky verabreicht, bekämpft nur das Zittern, nicht aber die Ursache. Mit der Niedrigzinspolitik verleiten die Zentralbanken die armen Patienten aber zum „Weitersaufen“ – Saufen, immer weiter Saufen. Langfristig werden die Zentralbanken all diese Schulden aufkaufen oder streichen müssen, wie es in Italien bereits öffentlich gefordert wird. Dies dürfte dann zu deutlich steigenden Inflationserwartungen führen. Doch dieses Szenario liegt noch in der Ferne.

2021 dürften die Zinsen zunächst so niedrig bleiben und uns ein prächtiges Aktienjahr bescheren. Die Renditeprognosen für Aktien sind so gut wie seit zehn Jahren nicht mehr, besonders in Europa schlummert ein großes Potenzial, welches das der USA übersteigen dürfte. Denn während das Verhältnis von Cashflow zu Kurs in Europa selbst coronabereinigt bei neun und damit im gesunden Bereich liegt, dürfte es in den USA bei 16 liegen – vor allen Dingen aufgrund der regen Nachfrage nach Aktien von Techkonzernen wie Apple, Amazon oder Tesla.

Setzt der Arzt nun auch nur einen halben Whisky ab, erhöht die Fed also die US-Zinsen nur leicht, könnte der Patient das große Zittern bekommen – eine harte Korrektur wäre unausweichlich. Entsprechend anfällig ist der US-Aktienmarkt im Jahr 2021 für jegliche Unsicherheiten, während Europa gefestigt aus der Krise geht. Na dann, Prost.