Wirtschaftslage & Politik
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Ein politischer Ausblick aus Perspektive der Kapitalmärkte
Im Jahr 1987, lange bevor er politisch aktiv wurde, veröffentlichte Donald Trump als Privatperson eine Anzeige in der New York Times. Darin kritisierte er die Außen- und Handelspolitik der Vereinigten Staaten und warf Washington vor, „andere Länder auf Kosten Amerikas reich zu machen“. Die USA würden laut Trump ausgenutzt, insbesondere von wohlhabenden Staaten, und Washington fehle es an Verhandlungskompetenz.
Diese Anzeige enthält bereits die Kernelemente seiner politischen Agenda:
Bemerkenswert ist, dass sich diese Leitlinien wie ein roter Faden durch alle seine vier Kandidaturen ziehen (2000, 2016, 2020, 2024). Auch wenn Details seiner Positionen schwanken, bleibt dieses Grundgerüst über Jahrzehnte hinweg erstaunlich konstant – ein Aspekt, den viele Beobachter unterschätzen.
Zwei zentrale Merkmale prägen Trumps politischen Stil – und machen ihn für politische Beobachter wie Investoren gleichermaßen schwer kalkulierbar:
Trump setzt gezielt auf Konfusion, um seine Gegner – sowohl innen- als auch außenpolitisch – zu verunsichern. Bereits 2016 sagte er in einer außenpolitischen Grundsatzrede:
„We must as a nation be more unpredictable.“ („Wir müssen als Nation unberechenbarer werden.“)1
Im Wall Street Journal erklärte er sogar, dass er wolle, dass Chinas Präsident Xi Jinping ihn „für verrückt hält“ – eine kalkulierte Strategie, um maximale Verhandlungsfreiheit zu gewinnen. Dieses Prinzip der taktischen Unvorhersehbarkeit erschwert es nicht nur ausländischen Regierungen, sich auf Trump einzustellen – sondern auch Märkten und Verbündeten.
Trump fördert bewusst den Wettbewerb unter seinen engsten Vertrauten. In The “Art of the Deal” erklärt er offen:
„I encourage competition among my staff.“ („Ich fördere den Wettbewerb unter meinen Mitarbeitern“.)
Dieses Prinzip war in seiner ersten Amtszeit allgegenwärtig. Michael Wolff, US-amerikanischer Journalist und Autor, beschreibt in seinem Buch “Fire and Fury”, dass das Weiße Haus von konkurrierenden Fraktionen dominiert war.
Trump sieht sich selbst als finalen Schiedsrichter in einem ständigen Wettstreit seiner Berater – ein Führungsstil, der zu einer Rekordfluktuation führte. Man könnte nun einwenden, dass es im politischen Alltag gelebte Praxis ist, dass sich Personen im Streben nach Macht gegenseitig beharken und das Auf- und Absteigen politischer Akteure völlig normal ist. Dieses Kommen und Gehen gehört zum politischen Geschäft. Doch Donald Trump hebt dieses Phänomen auf ein neues Level. Laut Kathryn Dunn Tenpas, Politikwissenschaftlerin bei der Denkfabrik Brookings Institution, lag die Wechselrate in Trumps „A-Team“ bei 92 % während seiner ersten Amtszeit – ein historischer Höchstwert unter den US-Administrationen seit Start der Erhebung 1981.
Um eine fundierte Prognose über Trumps Politik zu treffen, sollte man weniger auf seine öffentlichen Statements achten – sondern mehr auf das Denken seiner engsten Berater. Denn dort entstehen die Impulse, die später politische Realität werden.
Eine Einigkeit bei den meisten MAGA-Vordenkern (Make America great again) besteht darin, dass China der zentrale strategische Gegner der USA ist – sowohl wirtschaftlich als auch militärisch. Ihre Sichtweise:
Während Einigkeit über das Ziel besteht, gehen die Meinungen darüber auseinander, wie genau die neue Ordnung erreicht werden soll. Bei den MAGA-Vordenkern kristallisieren sich derzeit drei zentrale Denkrichtungen heraus:
1. Die Handelskrieger: Lutnick, Navarro, Bessent, Miran
Diese Gruppe sieht die globale Handelsordnung nicht als Reformfall, sondern als strategische Bedrohung. Sie setzen auf entschlossene Maßnahmen zur Rückgewinnung wirtschaftlicher Souveränität – etwa Zölle, Handelsrestriktionen, Repatriierung von Lieferketten.
Ein zentrales Dokument dieser Denkweise ist das der Konzeptentwurf von Stephen Miran “A User’s Guide to Restructuring the Global Trading System”, einem engen Vertrauten von Donald Trump. In diesem wird ein Plan skizziert, der eine radikale Umgestaltung des globalen Handelssystems vorsieht – durch:
Die Umsetzung der Maßnahmen rund um den „Liberation Day“, bei dem überraschend weitreichende Strafzölle in Kraft traten, trug deutlich die Handschrift dieser Fraktion und verdeutlicht ihren aktuellen Einfluss auf Trump.
2. Die Deregulierer: Dodge unter Elon Musk
Im Gegensatz zu den Handelskriegern zielen die Deregulierer auf die radikale Verschlankung des Staates ab. Im Zentrum stehen:
Diese Gruppe sieht im Staat primär eine Kostenstelle und Wachstumsbremse. Ihr Ziel: Unternehmerische Freiheit stärken, Bürokratie zurückdrängen, Wachstumsimpulse freisetzen. Es handelt sich um eine visionär-technokratische Strömung mit libertären Elementen, in der sich auch Vertreter des klassischen republikanischen Lagers am ehesten wiederfinden dürften.
3. Die Re-Industrialisierer: J.D. Vance, Oren Cass
Diese Gruppe vertritt eine eher interventionistische Sichtweise: Sie fordert einen aktiven Staat, der gezielt Industrien aufbaut, die für die nationale Sicherheit relevant sind.
Ihre Argumentation lautet: Die USA müssen in sicherheitsrelevanten Bereichen autark werden – nicht nur aus strategischen, sondern auch aus politischen Gründen. Denn: Viele MAGA-Wähler in den Swing States (US-Bundesstaaten, in denen bei Präsidentschaftswahlen keine der beiden großen Parteien einen klaren Vorsprung hat) zählen zu den Verlierern der Globalisierung. Ohne greifbare wirtschaftliche Verbesserungen – neue Jobs, höhere Löhne, industrielle Wiederbelebung – könnte das politische Projekt an Rückhalt verlieren.
Noch sind die Ideen dieser Gruppe nicht prominent in die konkrete Umsetzung eingeflossen. Es lohnt jedoch, ihren wachsenden Einfluss genau zu beobachten.
Donald Trumps eigene Überzeugungen sind über die Jahrzehnte erstaunlich konsistent geblieben. Doch die Wege zur Umsetzung dieser Ideen hängen maßgeblich davon ab, welche Denkrichtung in seinem Umfeld gerade das größte Gewicht hat.
Für Investoren ist daher entscheidend:
Wer diese internen Dynamiken im Blick behält, kann besser verstehen, in welche Richtung sich Märkte, Allianzen und die globale Ordnung entwickeln werden.
Gerade in diesen Zeiten politischer und wirtschaftlicher Unsicherheit ist es entscheidend, das eigene Portfolio flexibel und widerstandsfähig aufzustellen. FINVIA unterstützt Sie dabei mit maßgeschneiderten Lösungen, die auch unter schwierigen Rahmenbedingungen Sicherheit und Wachstum ermöglichen.
1The American Presidency Project (27.04.2016): Remarks on Foreign Policy
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Donald Trumps politische Agenda ist seit Jahrzehnten erstaunlich konstant. Für Investoren ist dabei vor allem der Einfluss seiner Berater entscheidend. Wer die internen Dynamiken in seinem Umfeld im Blick behält, kann besser einschätzen, wohin sich Märkte, Allianzen und die globale Ordnung entwickeln.
Ein politischer Ausblick aus Perspektive der Kapitalmärkte
Im Jahr 1987, lange bevor er politisch aktiv wurde, veröffentlichte Donald Trump als Privatperson eine Anzeige in der New York Times. Darin kritisierte er die Außen- und Handelspolitik der Vereinigten Staaten und warf Washington vor, „andere Länder auf Kosten Amerikas reich zu machen“. Die USA würden laut Trump ausgenutzt, insbesondere von wohlhabenden Staaten, und Washington fehle es an Verhandlungskompetenz.
Diese Anzeige enthält bereits die Kernelemente seiner politischen Agenda:
Bemerkenswert ist, dass sich diese Leitlinien wie ein roter Faden durch alle seine vier Kandidaturen ziehen (2000, 2016, 2020, 2024). Auch wenn Details seiner Positionen schwanken, bleibt dieses Grundgerüst über Jahrzehnte hinweg erstaunlich konstant – ein Aspekt, den viele Beobachter unterschätzen.
Zwei zentrale Merkmale prägen Trumps politischen Stil – und machen ihn für politische Beobachter wie Investoren gleichermaßen schwer kalkulierbar:
Trump setzt gezielt auf Konfusion, um seine Gegner – sowohl innen- als auch außenpolitisch – zu verunsichern. Bereits 2016 sagte er in einer außenpolitischen Grundsatzrede:
„We must as a nation be more unpredictable.“ („Wir müssen als Nation unberechenbarer werden.“)1
Im Wall Street Journal erklärte er sogar, dass er wolle, dass Chinas Präsident Xi Jinping ihn „für verrückt hält“ – eine kalkulierte Strategie, um maximale Verhandlungsfreiheit zu gewinnen. Dieses Prinzip der taktischen Unvorhersehbarkeit erschwert es nicht nur ausländischen Regierungen, sich auf Trump einzustellen – sondern auch Märkten und Verbündeten.
Trump fördert bewusst den Wettbewerb unter seinen engsten Vertrauten. In The “Art of the Deal” erklärt er offen:
„I encourage competition among my staff.“ („Ich fördere den Wettbewerb unter meinen Mitarbeitern“.)
Dieses Prinzip war in seiner ersten Amtszeit allgegenwärtig. Michael Wolff, US-amerikanischer Journalist und Autor, beschreibt in seinem Buch “Fire and Fury”, dass das Weiße Haus von konkurrierenden Fraktionen dominiert war.
Trump sieht sich selbst als finalen Schiedsrichter in einem ständigen Wettstreit seiner Berater – ein Führungsstil, der zu einer Rekordfluktuation führte. Man könnte nun einwenden, dass es im politischen Alltag gelebte Praxis ist, dass sich Personen im Streben nach Macht gegenseitig beharken und das Auf- und Absteigen politischer Akteure völlig normal ist. Dieses Kommen und Gehen gehört zum politischen Geschäft. Doch Donald Trump hebt dieses Phänomen auf ein neues Level. Laut Kathryn Dunn Tenpas, Politikwissenschaftlerin bei der Denkfabrik Brookings Institution, lag die Wechselrate in Trumps „A-Team“ bei 92 % während seiner ersten Amtszeit – ein historischer Höchstwert unter den US-Administrationen seit Start der Erhebung 1981.
Um eine fundierte Prognose über Trumps Politik zu treffen, sollte man weniger auf seine öffentlichen Statements achten – sondern mehr auf das Denken seiner engsten Berater. Denn dort entstehen die Impulse, die später politische Realität werden.
Eine Einigkeit bei den meisten MAGA-Vordenkern (Make America great again) besteht darin, dass China der zentrale strategische Gegner der USA ist – sowohl wirtschaftlich als auch militärisch. Ihre Sichtweise:
Während Einigkeit über das Ziel besteht, gehen die Meinungen darüber auseinander, wie genau die neue Ordnung erreicht werden soll. Bei den MAGA-Vordenkern kristallisieren sich derzeit drei zentrale Denkrichtungen heraus:
1. Die Handelskrieger: Lutnick, Navarro, Bessent, Miran
Diese Gruppe sieht die globale Handelsordnung nicht als Reformfall, sondern als strategische Bedrohung. Sie setzen auf entschlossene Maßnahmen zur Rückgewinnung wirtschaftlicher Souveränität – etwa Zölle, Handelsrestriktionen, Repatriierung von Lieferketten.
Ein zentrales Dokument dieser Denkweise ist das der Konzeptentwurf von Stephen Miran “A User’s Guide to Restructuring the Global Trading System”, einem engen Vertrauten von Donald Trump. In diesem wird ein Plan skizziert, der eine radikale Umgestaltung des globalen Handelssystems vorsieht – durch:
Die Umsetzung der Maßnahmen rund um den „Liberation Day“, bei dem überraschend weitreichende Strafzölle in Kraft traten, trug deutlich die Handschrift dieser Fraktion und verdeutlicht ihren aktuellen Einfluss auf Trump.
2. Die Deregulierer: Dodge unter Elon Musk
Im Gegensatz zu den Handelskriegern zielen die Deregulierer auf die radikale Verschlankung des Staates ab. Im Zentrum stehen:
Diese Gruppe sieht im Staat primär eine Kostenstelle und Wachstumsbremse. Ihr Ziel: Unternehmerische Freiheit stärken, Bürokratie zurückdrängen, Wachstumsimpulse freisetzen. Es handelt sich um eine visionär-technokratische Strömung mit libertären Elementen, in der sich auch Vertreter des klassischen republikanischen Lagers am ehesten wiederfinden dürften.
3. Die Re-Industrialisierer: J.D. Vance, Oren Cass
Diese Gruppe vertritt eine eher interventionistische Sichtweise: Sie fordert einen aktiven Staat, der gezielt Industrien aufbaut, die für die nationale Sicherheit relevant sind.
Ihre Argumentation lautet: Die USA müssen in sicherheitsrelevanten Bereichen autark werden – nicht nur aus strategischen, sondern auch aus politischen Gründen. Denn: Viele MAGA-Wähler in den Swing States (US-Bundesstaaten, in denen bei Präsidentschaftswahlen keine der beiden großen Parteien einen klaren Vorsprung hat) zählen zu den Verlierern der Globalisierung. Ohne greifbare wirtschaftliche Verbesserungen – neue Jobs, höhere Löhne, industrielle Wiederbelebung – könnte das politische Projekt an Rückhalt verlieren.
Noch sind die Ideen dieser Gruppe nicht prominent in die konkrete Umsetzung eingeflossen. Es lohnt jedoch, ihren wachsenden Einfluss genau zu beobachten.
Donald Trumps eigene Überzeugungen sind über die Jahrzehnte erstaunlich konsistent geblieben. Doch die Wege zur Umsetzung dieser Ideen hängen maßgeblich davon ab, welche Denkrichtung in seinem Umfeld gerade das größte Gewicht hat.
Für Investoren ist daher entscheidend:
Wer diese internen Dynamiken im Blick behält, kann besser verstehen, in welche Richtung sich Märkte, Allianzen und die globale Ordnung entwickeln werden.
Gerade in diesen Zeiten politischer und wirtschaftlicher Unsicherheit ist es entscheidend, das eigene Portfolio flexibel und widerstandsfähig aufzustellen. FINVIA unterstützt Sie dabei mit maßgeschneiderten Lösungen, die auch unter schwierigen Rahmenbedingungen Sicherheit und Wachstum ermöglichen.
1The American Presidency Project (27.04.2016): Remarks on Foreign Policy
Über den Autor
Christian Maschner
Christian Maschner verantwortet das Asset Management bei FINVIA.
Nach seinem Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität zu Köln mit den Schwerpunkten Finanzierungslehre und Finanzwissenschaften hat er seine Karriere bei der AXA Konzern AG begonnen. Dort war er für die Betreuung der Anlageklasse Private Equity zuständig und die Auswahl von Investmentmanagern.
Danach wechselte er 2011 zur Privatbank Sal. Oppenheim. Hier arbeitete er als Portfoliomanager und entwickelte quantitative Investmentprozesse zur taktischen und strategischen Asset Allocation für die institutionelle und private Vermögensverwaltung. Im Jahr 2018 schloss er sich der neu gegründeten HQ Asset Management GmbH an. Ab 2021 als Leiter Research baute er dort eine Investmentplattform zur Steuerung der strategischen und taktischen Asset Allocation sowie zur Aktienselektion auf.